Alles bleibt beim alten…
Dabei spielt es keine Rolle, ob auch diesmal wieder nachträgliche und allzu leise hingeheuchelte -ausschließlich der medienwirksamen Politraison gezollte – Pseudorichtigstellungen des durch einige öffentliche Ohrfeigen kurzfristig erschreckten Klerus gefolgt sind.
Einige Vertreter der Kirche haben mit der aus tiefster katholischer Seele ausgebrochenen Spontaneruption des von großen Teilen der Kirche seit jeher gelebten antijüdischen Sentiments enttarnend klargestellt, dass man sich auf ihre Beständigkeit und doktrinäre Unbelehrbarkeit in puncto Judenvorbehalt wirklich verlassen kann.
Damit und mit einem tiefen Seufzer, zu dem einen jüdischen, seit 2000 Jahren auch von den Christen in Anspruch genommenen und sehr oft missbrauchten Gott, könnte man eigentlich zur Tagesordnung übergehen: Im Vatikan nichts Neues..!!
Der Vergleich der Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung – deren eigentliche und größte Bedrohung ihre eigenen hypokritischen und selbstsüchtigen arabischen Mentoren und ihre eigene unversöhnliche und lebensverächtliche Führung ist – mit dem unsäglichen Elend und der aussichtslosen Agonie der Juden im Warschauer Ghetto ist nicht einfach nur unzulässig, er ist verlogen, geschichtsklitternd und infam.
Das Besondere und Unerträgliche hieran ist aber, dass dieser Vergleich nicht von irgendwelchen fanatisierten und keiner Einsicht zugänglichen Islamisten oder von an der Debilitätsgrenze durchs sinnentleerte Leben taumelnden tumben neonazistischen Glatzen angestellt worden ist, sondern von deutschen Bischöfen, d.h. von prominenten und Vorbild gebenden Mitgliedern der geistigen und geistlichen Führungselite der bundesrepublikanischen Gesellschaft, denen man ungeprüft einen hohen Bildungsgrad und profunde geschichtliche Kenntnisse attestieren kann.
Diese in perfider Gutmensch-Scheinheiligkeit – noch dazu unmittelbar nach dem noch eben zuvor der zentralen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem abgestatteten Pflicht – und Alibibesuch – sehr zum Wohlgefallen der palästinensischen Autoritäten angestellten Vergleiche sind weder zufällig noch unbedacht, sie sind gesinnungsenttarnend und zielen treffgenau auf die Relativierung des unsagbaren Leids der jüdischen Opfer und somit auf die Relativierung der Schuld der Täter und deren damaliger Mitläufer aus den eigenen Reihen.
Sie sind gleichzeitig ein Beschwichtigungsbeitrag für die argwohngeschüttelten erzkonservativen und ewiggestrigen Kräfte zu Hause, denen jede Annäherung der Kurie an die Juden und deren Staat bis ins schwarze Mark suspekt ist.
Wegen der Funktion der – stellvertretend für große Teile der Kirche auftretenden – deutschen Bischöfe als höchste Vertreter der deutschen Christenheit wirkt ihr Vorgehen in dualer Weise als geschichtliche Schuldrelativierung Nazi-Deutschlands und der in jener Zeit überaus angreifbar agierenden Kurie gleichermaßen.
Das – trotz des spürbar kurzatmigen Rückziehers des Kardinals Lehmann – als manifester antijüdischer Eklat zu bewertende Verhalten der Bischöfe und ebenso ihre danach als Entschuldigungsersatz hingeholperten Halbherzigkeiten demaskieren erkennbar dieses allzu vordergründige Anliegen weiter Kirchenkreise.
Diese Kirche, die bei der Verfolgung ihrer Ziele und Dogmen in weiten Teilen Mitgefühl nicht kannte und nicht kennt und die jüdische Herkunft ihres eigenen Gottes beharrlich verschwiegen und geleugnet hat, trägt mit ihrem jahrhundertelang und bis weit in die Neuzeit von ihren Päpsten praktizierten, gelebten, gepredigten und nur gelegentlich als theologischen Antijudaismus begrifflich getarnten Antisemitismus die Hauptverantwortung für die antisemitischen Exzesse und Atrozitäten im gesamten Abendland.
Sie ist – trotz der Schar einiger Aufrechter aus ihren Reihen – neben den Nazi-deutschen Tätern, auch mitverantwortlich für den jüngsten Holocaust am jüdischen Volk.
Mit Zustimmung und im Namen dieser Kirche wurden zahllose Verbrechen gegen die Menschheit im Allgemeinen und gegen die Juden im besonderen begangen. Mit ihrer unversöhnlichen Missionarisierungs- und Hegemonialpolitik hat diese Kirche historisch nachweisbar die Ursachen für viele bis heute weltweit schwelenden Konflikte geschaffen und am Leben erhalten.
Die von den deutschen Bischöfen in Israel nur spärlich mit dem Deckmantel angeblichen Mitgefühls und aufgesetzter Anteilnahme verdeckten, gegen besseres Wissen erstellten Vergleiche der gegenwärtigen palästinensischen Lebenssituation mit dem Leid der Juden in den Ghettos und Lagern des Naziregimes, reihen sich fast nahtlos in die bis jetzt – trotz gegenteiliger Behauptung – von weiten Teilen dieser Kirche nicht abgelegten Feindbilder und Antichrist-Ideologien ein, die nicht zuletzt auch dem Judenhaß der Nationalsozialisten als Vorbild und als Alibi gedient haben.
Die das Verbrechen an den Juden verharmlosenden Vergleiche der kirchlichen Emmissäre können aber auch nicht wirklich verwundern vor dem mit allerlei Konzils- und Kirchentagsgaukeleien bewußt vernebelten Hintergrund, dass sich weite Teile der christlichen Kirche insgesamt – der reformierten und der katholischen – von ihren judenfeindlichen Leitfiguren gar nicht oder nicht eindeutig distanziert haben.
Dies gilt in der evangelischen Kirche für deren Begründer, den Reformer und dezidierten Antisemiten Luther, in der katholischen Kirche für die zahlreichen päpstlichen Antisemiten ihrer Geschichte.
Dazu gehören die Kreuzzugs-, Judenstigmatisierungs- Zwangstauf- und Inquisitionspäpste des 12. Und 13.Jahrhunderts, darunter Papst Urban II., Innozenz III. Und Gregor IX. Hierunter fällt ebenso der Juden-Ghettoisierungspapst des 16. Jahrhunderts Paul IV., wie die judenfeindlichen Päpste des 19.Jahrhunderts, unter denen allen voran der von der ganzen zivilisierten Welt – mit Ausnahme der katholischen Kirche – bereits in seiner eigenen Zeit mit Abscheu geächtete Entführer und Zwangsadoptierer des jüdischen Kindes Edgardo Mortara, der Judenhasser und Ghettowiederaufbauer Pius IX.
Schließlich und sehr zum Missfallen höchster Kirchenkreise ist an dieser Stelle auch keinesfalls der mit den Nazis und deren Judenpolitik sympathisierende Wegsehpapst Pius XII auszulassen, der noch bis zur endgültigen Erkenntnis über die Aussichtslosigkeit des Hitler-Krieges einvernehmlich und vorsätzlich zu dem ihm durchaus bewussten und bekannten Genozid am jüdischen Volk schwieg, während seine Priester in Kroatien bei der Liquidierung der Juden selbst Hand anlegten, seine Bischöfe in Deutschland sich zwar gegen die Euthanasie an Nichtjuden aber keinesfalls gegen den Mord an Juden ausgesprochen haben und seine diplomatischen Emissäre noch nach dem verlorenen Krieg Naziverbrechern falsche Pässe zur Flucht vor den Alliierten verschafft haben, obwohl sie nicht bereit waren, dies auch vorher für verfolgte Juden zu tun.
Diese Kirche, hat sich bis heute nicht vollständig von dem antijüdischen Morast ihrer Geschichte gereinigt und hat sich von den geschichtlichen Antisemiten in ihren Reihen nicht nur nicht losgesagt – von der in vielen anderen Fällen so leicht von der Hand gehenden Exkommunikation ganz zu schweigen – sondern hat etliche dieser Judenfeinde und -verfolger, wie etwa den – gegen weltweiten Protest – im Jahre 2000 seliggesprochenen Judenhasser Pius IX ., auch noch gefeiert, mit Heiligsprechungen ausgezeichnet und unsterblich gemacht.
In weiten Kreisen dieser Kirche lebt der unselige Geist des Antisemitismus von gestern auch heute noch in mannigfaltiger Gestalt und offiziell geleugneter aber ungebrochener Vitalität weiter, und dies trotz des Zweiten Vatikanischen Konzils und des bei weitem überschätzten Fastensonntags -Reuegelöbnisses von Johannes Paul II.
Ihre Freundeskreise – wie etwa das Webportal Kreuz.net oder der Arbeitskreis Konservativer Christen betreiben Internetseiten , die von großen Teilen der Kirche unwidersprochen bereits die halbherzige Entschuldigung der Bischöfe für deren israelische Entgleisung als ein Kleinbeigeben gegenüber den Juden beklagen, oder sich in vaterländischem Stammtischgejohle und Hohmann-Lobreden ergehen.
Eine solche Kirche, die das Purgatorium predigt aber an sich selbst nicht vollzieht, hat das verloren, was sie eigentlich am meisten bräuchte, Glaubwürdigkeit und moralische Kompetenz.
Ihr einseitiges Urteil oder gar eine Verurteilung des israelischen Überlebenskampfes ist daher schon per se verdächtig.
Große Teile dieser Kirche fühlen sich – den Aufrechten in ihren eigenen Reihen zum Trotz – von Geistlichen mit dem Geschichtsbewusstsein eines Hanke oder Mixa, die sie systemimmanent zu ihren bischöflichen Vertretern gemacht und nach dem Eklat nicht etwa abberufen haben, offenbar mehr als würdig vertreten.
Bezüglich ihrer immer wieder in hoffnungsloser Eigenüberschätzung selbsteingeforderten Anerkennung als allgemeinverbindliche moralische Instanz ist einer solchen Kirche auch angesichts des neu aufgesetzten regenbogenpressefähigen iovialen Mäusefang-Populismus und des „Wir sind Papst – Geredes“ unter den bestehenden Gegebenheiten nicht zu helfen.
Erich Kästner hat sich tatsächlich nicht geirrt: „… da hilft kein Zorn, da hilft kein Weinen, da hilft kein Beten, die Nachricht stimmt, aus dieser Kirche ist der liebe Gott längst ausgetreten.“
Dr. Rafael Korenzecher
Readers Edition 22.03.2007
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